Officielle Berichte
der einzelnen Vereinigungen.§ 2„Wien.“
§ 3Der Rückblick auf das abgelaufene jahr 1901 zeigt uns vor
allem die erfreuliche Thatsache, dass unsere Mitgliederanzahl in demselben um 19 sich vermehrt hat und dass wir daher am Schluss des Jahres einen Mitgliederstand von 188 Brüdern zu verzeichnen das Glück haben. Wenn auch eine Zahl von Brüdern bei uns aufgenommen wurde, welche die Bestimmung haben, die von uns geplante neue Vereinigung zu bilden, so ist es doch für uns im höchsten Grade erfreulich, dass die Idee der Bnai-Brith-Ver einigungen immer weitere Kreise an sich zieht und immer grössere Verbreitung gewinnt. Das erfüllt uns mit gerechtem Stolze, denn nicht nur die Idee als solche hat diesen Sieg erfochten, sondern auch die Bethätigung derselben durch uns hat uns hier in Wien ein Ansehen zu verschaffen gewusst, das der Sache selbst nur zu grösstem Ruhme gereichen kann. § 4Aber nicht nur quantitativ haben wir Ursache, mit dem
abgelaufenen Jahre zufrieden zu sein, sondern auch qualitativ. Denn die interne Ausgestaltung unserer hiesigen Vereinigung gibt uns Grund zur Zufriedenheit, das Interesse der lieben Brüder an unseren Arbeiten hat sich vertieft, die Antheilnahme an den Arbeiten und an den Sitzungen war befriedigend. Die Durch schnittsziffer des Besuches unserer Sitzungen war 93. Von allen Brüdern waren nur zwei, die heuer überhaupt zu keiner Sitzung erschienen sind, und während einer von diesen durch Berufs geschäfte vielleicht entschuldigt werden könnte, so gilt dies von dem zweiten Bruder nicht, der die vollständigste Interesselosigkeit für unsere Vereinigung an den Tag legt. Unser w. Präsident hat in den letzten Tagen Schritte eingeleitet, um diesen Misstand nach der einen oder anderen Seite hin zu beseitigen. Wir können nicht genug oft betonen, dass wir auf die persönliche Mitarbeit der Brüder das Hauptgewicht legen, denn nur durch Mitarbeit kann der Bruder die hohe ethische Bedeutung unserer Be strebungen erfassen, und wenn diese fehlt, dann fehlt auch uns jedes Interesse an einem Bruder, der sich in solcher Weise an den vomehmlichsten Pflichten, die uns obliegen, vergeht. § 5Unsere Sitzungen im abgelaufenen Jahre haben sich interesZucker, in lebhaftester Weise beschäftigt, und dieses Thema wurde von verschiedenen Brüdern in glänzender Weise behandelt, von den verschiedensten Gesichts punkten aus erörtert. Wenn auch selbstverständlich kein positives Resultat hieraus sich ergeben konnte; so hat sie doch dazu gedient, allen Brüdern die Nothwendigkeit evident zu machen, dass die vornehmste Pflicht des jetzigen Jahrhunderts sein wird und sein muss. den socialen Uebelständen abzuhelfen und dadurch zur relativen Zufriedenheit aller Menschen, ob reich, ob arm, beizutragen. Im Herbste hatten wir eine sehr interessante Discussion über die Ziele und Zwecke unserer Vereinigungen, an der sich in hervorragender Weise jüngere Mitglieder unserer Vereinigung betheiligten. Auch diese hat zu unser aller Befriedigung ergeben, dass die Brüder die Aufgaben derselben zu erfassen verstanden haben und mit warmer Hingebung bereit sind und waren, für unsere Ziele und Zwecke einzutreten und für sie zu propagiren.
sant gestaltet. Im Frühjahre hat uns eine Discussion über die sociale Frage, angeregt vom Br. § 6An Vorträgen hatten wir heuer das Vergnügen von:
§ 7Br. Docenten Dr. Freud: „Ueber Zufall und Aberglauben“ am 26. Februar,
§ 8Br. Docenten Dr. Braun: „Ueber Pettenkofer im Anschlusse an die bei uns stattgehabte Discussion über die sociale Frage“ am 12. März,
§ 9Frau Jenny Frank: „Ueber die Lebensbedürfnisse des Menschen“ am 9. März,
§ 10Br. Vicepräsidenten Dr. Schnabel: „Ueber Heilstätten für Lungen kranke“ am 29. April,
§ 11Br. Expr. Prof. Ehrmann: „Ueber die Entwicklung der Lebe wesen“ am 19. November,
§ 12Br. Architekten Fleischer: „Ueber Bibliotheken“ am 3. December zu hören, und wir statten den geehrten Vortragenden auch hier unseren wärmsten Dank für dieselben ab.
§ 13Von diesen Vorträgen fanden drei in Gegenwart der Frauen
unserer Brüder statt, und bei Gelegenheit der darauf folgenden geselligen Zusammenkünfte sowohl, wie bei allen Brudermahlen, hatten wir reichlich Gelegenheit zu erkennen, wie wohlthätig die im heurigen Jahre neuadaptirten Geselligkeitsräume und der Speisesaal auf unser ganzes Vereinsleben einwirken. Die Geselligkeit ist ein nicht zu unterschätzender Factor in unseren Vereinigungen und mit ein Hauptmittel, die Brüder nicht nur mit einander bekannt, sondern auch wirklich befreundet zu machen für das ganze Leben. § 14Wir hatten heuer ferner die definitive Constituirung des
galizischen Hilfsvereines, der das Werk aller Vereinigungen B. B. ist, mit Freude zu begrüssen. Diese fand am 24. Februar statt; die Gründung der Ortsgruppen fand in der Provinz schon in mehreren Städten statt, während die Constituirung derselben in Wien im Laufe des nächsten Monates zu gegenwärtigen ist. Hoffen wir, dass wir einst mit Befriedigung auf dieses Hilfswerk werden zurückblicken können, das allerdings eine unausgesetzte und hin gebende Tätigkeit durch Dezennien erfordern wird. Die Grösse der Arbeit jedoch wird uns nicht abhalten, mit Muth und Feuer eifer ans Werk zu gehen. § 15Wir haben ferner im heurigen Jahre infolge der AnregungKux definitiv beschlossen, uns durch Delegirung mehrerer Brüder in den Vorstand des „Vereines zur unentgelt lichen Verpflegung Brustleidender auf dem Lande“ an dem segens reichen Wirken und den edlen Bestrebungen desselben zu be teiligen. Unsere Vereinigung hat sich mit einem jährlichen Bei trage von K 960.— aus den Zinsen des Rosenfeldfonds an die Spitze der Brüder gestellt, die zum grossen Theile als Mitglieder mit ansehnlichen Jahresbeiträgen dem genannten Ver eine beitraten. Unser warmes Interesse bleibt demselben er halten. Wenn wir Ihnen nun, liebe Brüder, mittheilen, dass der von uns ins Leben gerufene „Verein für untentgeltlichen Arbeits nachweis“ unter der zielbewussten Leitung mehrerer unserer Brüder so gedeiht und steigende Erfolge aufzuweisen in der Lage ist, so können wir sagen, dass wir unsere Pflichten auf dem Gebiete der Menschenliebe und Opferwilligkeit erfüllt, aber nicht erschöpft haben.
des Br. Director § 16Lassen Sie uns weiter rastlos arbeiten auf diesem Gebieteerziehen und ihnen Arbeitsgelegenheit zu ver schaffen, und kranken Glaubensgenossen wieder zur Gesundheit zu verhelfen und sie der Arbeit wiederzugeben. Arbeit adelt den Menschen, gibt ihm die Mittel, sich nicht nur zu erhalten und zu ernähren, sondern macht ihn auch empfänglich für geistige Nahrung, für ethische Aufgaben. Wir sind mit unseren Bestre bungen auf dem rechten Wege, lassen Sie ihn uns auch weiter hin unentwegt verfolgen.
socialer Wohlthätigkeit, die darin besteht, arme Glaubensbrüder zur Arbeit zu