Diskussionsbemerkungen auf der Geschäftssitzung des 6. Internationalen Psychoanalytischen Kongresses in Den Haag, 8.-11.9.1920 (1920-132/1920)

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  • Diercks, Christine
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Freud, Sigmund: Diskussionsbemerkungen auf der Geschäftssitzung des 6. Internationalen Psychoanalytischen Kongresses in Den Haag, 8.-11.9.1920 (1920-132/1920). In: Andorfer, Peter; Blatow, Arkadi; Diercks, Christine; Huber, Christian; Kaufmann, Kira; Liepold, Sophie; Roedelius, Julian; Rohrwasser, Michael; Stoxreiter, Daniel (2022): Sigmund Freud Edition: Digitale Historisch-Kritische Gesamtausgabe, Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage, Wien. [3.4.2023], file:/home/runner/work/frd-static/frd-static/data/editions/plain/sfe-1920-132__1920.xml
§ 1

Pfarrer Pfister (Zürich) stellt folgenden Antrag: Die Leitung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung wird aufgefordert zu prüfen und dem nächsten Kongreß Vorschläge darüber zu unterbreiten, ob und eventuell unter welchen Bedingungen Diplome für Psychoanalytiker ausgestellt werden sollen.

§ 2

Sachs (Wien) beantragt die Annahme dieses wichtigen und vorsichtig formulierten Antrages.

§ 3

Liebermann (Berlin) möchte, daß sich der Kongreß jetzt über diese Frage schlüssig werde.

§ 4

Eitingon (Berlin) hält den Antrag in dieser Form für nicht akzeptabel, gesteht aber die Wichtigkeit zu, einen Weg zu finden, der das Diplom dann nicht mehr nötig mache.

§ 5

Freud (Wien) erklärt das Thema für so kompliziert und wichtig, daß es ohne Vorbereitung nicht Gegenstand der Beratung werden könne und schließt sich darum dem Antrag an, es dem nächsten Kongreß vorzubehalten.

§ 6

Abraham (Berlin) stimmt zu, hält aber den angegebenen Weg nicht ohne weiteres gangbar.

§ 7

Bryan (London) schlägt vor, daß jede Gruppe den Vorschlag für sich diskutiere und das Ergebnis an die Zentrale weiterleiten möge.

§ 8

Nachdem schließlich Ferenczi (Budapest) noch für Pfisters Antrag eingetreten war, wurde derselbe vom Kongreß angenommen.

§ 9

Dr. Hans Liebermann (Berlin) stellt den Antrag, der Kongreß möge sich dahin einigen, nach welchen Gesichtspunkten bei der Aufnahme neuer Mitglieder verfahren werden solle.

§ 10

Jones (London) stellt hierauf einen Antrag, der schließlich in folgender, von Prof. Freud vorgeschlagenen Fassung ange nommen wird:

§ 11

Die Aufnahme in eine ortsfremde Gruppe bedarf der Einwilligung der Zentralleitung“,

§ 12

wozu Abraham (Berlin) den Zusatz fügt, daß sich bei jeder ortsfremden Neubewerbung die Schriftführer der betreffenden Gruppen in Verbindung setzen sollen.

§ 13

Dr. v. Hattingberg (München) möchte die Bedingungen für die Mitgliedschaft überhaupt festgestellt sehen.

§ 14

Ferenczi (Budapest) ist für Beibehaltung des bisherigen Modus.

§ 15

Freud (Wien) möchte diese wichtige Frage im Zusammenhang mit der eng dazugehörigen Diplomfrage auch auf den nächsten Kongreß vertagen.

§ 16

Dieser Antrag wird einstimmig angenommen.

§ 17

Vorsitzender Dr. Ferenczi schlägt nun vor, das „International Journal of Psycho-Analysis“ zum offiziellen Vereinsorgan der englisch sprechenden Gruppe zu machen und erteilt zur Begründung dieses Vorschlages Dr. Rank das Wort, der einen kurzen Überblick über die Motive gibt, die zur Gründung des englischen Journals geführt haben sowie über seine Ziele und Absichten.

§ 18

R. de Saussure (Genf) möchte für die französiech sprechenden Kollegen in der Welschschweiz die Möglichkeit offen sehen, statt der beiden deutschen Zeitschriften die englische zu abonnieren, welchen Vorschlag Pfister dahin ergänzt, daß es allen nicht deutsch sprechenden Mitgliedern frei stehen solle, das englische Journal zu wählen.

§ 19

Dieser Antrag wird vom Kongreß angenommen.

§ 20

Dr. Adolph Stern (New York) stimmt als Sekretär der New Yorker Gruppe dafür, das Journal zum offiziellen Organ zu machen.

§ 21

Bryan (London) stimmt als Sekretär der „British Society“ gleichfalls dafür.

§ 22

Hierauf erhebt der Kongreß den Antrag, das „International Journal of Psycho-Analysis“ zum offiziellen Vereinsorgan neben der „Zeitschrift“ und „Imago“ zu machen, einstimmig zum Beschluß.

§ 23

Prof. Freud dankt als Herausgeber des englischen Journals den englisch sprechenden Gruppen und möchte deren Wünsche bezüglich der Redaktionsführung Rechnung tragen, Vorläufig sei Dr. Ernest Jones (London) provisorisch alleiniger Redakteur; die anglo-amerikanischen Gruppen mögen sich äußern, ob dies so bleiben solle oder ob und wie viele Mitredakteure und wie viele aus jeder Gruppe zu bestimmen seien.

§ 24

Pfister schlägt vor, auch einen Amerikaner zum Redakteur zu wählen.

§ 25

Jones setzt die Nachteile eines mehrköpfigen Redaktionskomitees auseinander und begründet die Notwendigkeit einer Zentralstelle.

§ 26

Bryan (London) meint, es genüge ein Editor für England. Im übrigen habe die Frage der Redakteurschaft der Verlag zu entscheiden.

§ 27

Stern (New York) schlägt vor, die Gruppen sollen ihre Redakteure wählen.

§ 28

Der Kongreß beschließt, Jones als Hauptredakteur zu bestätigen und eine vorzuschlagende Liste von Subredakteuren aus England und Amerika einzuholen.

§ 29

Präsident Dr. Ferenczi bringt hierauf die Frage des nächsten Kongresses zur Sprache mit dem Bemerken, daß bereits zwei Einladungen, und zwar eine nach Berlin von Dr. Abraham unterbreitete, und eine nach der Schweiz von Dr. Pfister überbrachte, vorliegen.

§ 30

Nachdem Jones in längerer Rede die nach verschiedenen Richtungen zu begründende Priorität Berlins hervorgehoben hat, zieht Pfister die Einladung zurück, worauf noch Prof. Freud (Wien), Stern (New York) und Stoddart (London) für Berlin eintreten, das einstimmig als nächster Kongreßort gewählt wird.

§ 31

Liebermann (Berlin) dankt als Sekretär namens seiner Ortsgruppe.

§ 32

Die vom. Vorsitzenden hierauf angeschnittene Frage des Zeitpunktes für den nächsten Kongreß möchte Prof. Freud jetzt noch nicht entscheiden. Abraham stimmt ihm zu, hält es aber für wissenswert, die Stimmung des Kongresses darüber einzuholen. Die Abstimmung hierüber ergibt eine große Mehrheit für die Abhaltung des Kongresses möglichst schon im kommenden Jahr.

§ 33

Rank (Wien) fordert zur Organisierung des Referatenwesens in allen Ortsgruppen nachdrücklich auf.

§ 34

Jones schlägt vor, eigene Reieratensekretäre für diesen Zweck in den einzelnen Gruppen zu bestimmen, wie dies bereits Wien in Dr. Hitschmann und New York in Dr. Stern, dem Corresponding Secretary der New Yorker Gruppe, besitzen.

§ 35

Der Vorsitzende schreitet nunmehr zur Präsidentenwahl und übergibt die stellvertretende Präsidentschaft Dr. Stoddart (London).

§ 36

Dr. Abraham (Berlin) schlägt die Wahl des zeitweiligen provisorischen Präsidenten Dr. Ernest Jones (London) zum Präsidenten vor.

§ 37

Prof. Freud unterstützt diesen Vorschlag, nicht ohne sein Bedauern auszusprechen, daß es dem bisherigen Präsidenten Dr. Ferenczi in Budapest durch die Ungunst der Verhältnisse verwehrt war, sein Amt voll zu erfüllen. Er habe jedoch in der Zeit seiner Präsidentschaft die erste ordentliche Professur für Psychoanalyse während der kurzen Zeit der Räteherrschaft innegehabt.

§ 38

Eitingon (Berlin) teilt mit, daß Ferenczi zum Ehrenmitglied der Berliner Gruppe gewählt wurde.

§ 39

Ferenczi dankt für die Ehrung.

§ 40

Hierauf wird Dr. Ernest Jones (London) einstimmig zum Präsidemten der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung gewählt.

§ 41

Jones dankt für die Wahl, übernimmt das Präsidium und nominiert Mr. J. C. Flügel als Zentralsekretär.

§ 42

Frau Dr. Spielrein (Lausanne) teilt mit, sie beabsichtige nach Genf zu übersiedeln, um dort am Institut Jean Jaques Rousseau zu arbeiten und trägt ihre Mitwirkung bei der Wiederanknüpfung literarischer Beziehungen zu Rußland an. Sie schlägt u. a. vor, den Kongreßbericht ins Russische zu übersetzen und auch. russische Beiträge zur Psychoanalyse zu sammeln und eventuell zu publizieren.

§ 43

Reik (Wien) meint, daß die Druckkosten zur Publikation dieser russischen Literatur heute noch zu groß wären, um dieses. Unternehmen zu lohnen.

§ 44

Eitingon (Berlin) möchte den Vorschlag unterstützen, dasrussische Material wenigstens zu sammeln und das Wichtigste zu übersetzen.

§ 45

Prof. Freud weist darauf hin, daß eine eventuelle Subventionierung dieser Aktion eine Angelegenheit des psychoanalytischen Fonds sei, der sich dafür interessieren werde.